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Dr.
Hans-Dieter Fraund
Ansprache
anläßlich
des 50jährigen Bestehens der Studiengruppe
während der Jubiläumsveranstaltung am 29. Januar 2011 im Bayerischen
Hof, München
Liebe Freunde,
ich
möchte mich nun in besonderer Weise an die Königlichen Hoheiten
wenden, insbesondere Dr. phil. Albert Prinz von Sachsen Herzog zu Sachsen
und Vorsitzender der Studiengruppe für Sächsische Geschichte
und Kultur.
Verehrter
Prinz Albert, die fünfzigjährige Leitung einer Organisation,
insbesondere im ideellen Bereich, ist ein phänomenales Ereignis.
Welch eine Welt von Arbeit, Geduld und Hingabe, ja Hingabe des Lebens
an eine einzige und überragende Aufgabe. Sie besitzen jene Faszination
einer großen Seele für Ihr Werk! Und, in Stunden stummer Zwiesprache,
dürfen Sie Ihrem Vater dort im oberen Bereich dies Wort auch sagen:
"Ich habe das Versprechen, das ich gab, gehalten, ja, zur Zeit und zur
Unzeit, in Kraft und in Schwachheit, in Freud und in Leid."
Im
Licht zu obsiegen kann vielen gelingen. SIE gingen den Weg in der Nacht.
Vom Hofe vertrieben, jeden Glanzes beraubt, kaum Freunde im Land und im
eigenen Haus gingen Sie Ihre Straße. Das Erbe bewahrend - in Ihrem
Herzen und für die Welt. Fünfzig Jahre in der Wüste und
dennoch gab es Licht. Der Herr war mit Ihnen und die Frau, die er gab.
Sie
waren nicht allein.
Und
Freunde gab es auch, unerwartet oft und ungeahnt. Über allem die
Botschaft: ich hab die Treue gehalten, ich tat meine Pflicht!
Verehrte
Königliche Hoheiten, wir danken Ihnen im Namen aller früheren
und heutigen Mitglieder für all die wunderbaren und einmaligen Erlebnisse,
in die Sie uns mit hineingenommen haben. Wir haben den Flügelschlag
der Geschichte gespürt. Und: durch das Zusammensein mit Ihnen als
Erbe einer großen Vergangenheit, die Aura der Väter des Hauses
Wettin.
Ja,
dieses Fürsten- und Königshaus - welch ein Bild. Nicht Affären,
nicht kriegerische Auseinandersetzungen, nein kulturelle, soziale und
religiöse Leistung und Relevanz zeichnen es aus und treten hervor!
Am
Beispiel des König Johann, Staatsmann und Gelehrter, wird diese offenbar!
Wir
hören aus dem Gedicht Natur
und Ideal:
(vorgetragen
von Christel Fraund)
Wie ein Bach
sein stilles Wasser schlängelt
Durch die lenzumblühte Flur,
Wandelt' ich durch's Leben einst, gegängelt
Sanft von deiner Mutterhand, Natur!
Jenseits der
Umgrenzung dieser Auen
Gab es noch kein Land für mich,
Sehnsuchtslos erging im reinen blauen
Aether meiner Kindheit Auge sich.
Von der Zukunft
braucht' ich nichts zu borgen,
Was die Gegenwart mir bot.
Aus den Blumen,
die der Au' entblühten,
Hob sich mir von selber ein Altar,
Und der Unschuld fromme Bitten glühten
Aufwärts wie ein Lichtstrom himmelsklar.
Vorwärts,
vorwärts treibt's mich - und die Erde
Ist zu klein für das was in mir lebt;
Rückkehr wehrt der Engel mit dem Schwerte,
Heil ist nur für Den, der vorwärts strebt.
Und vor allen
naht aus Himmelshöhen
Eine göttliche Gestalt;
Paradieseslüfte um sie wehen,
Wie sie durch die niedern Schatten wallt.
Hoheit thront
auf ihren Götterzügen,
Milde schwebt um ihren Mund;
Wie sie spricht, verstummt der Geist der Lügen
Und des Himmels Wahrheit tut sich kund.
Ja, ich seh'
es - deine Augen wenden
Zu den Sternen sich empor,
Eine Krone hältst du in den Händen,
Schimmernd wie ein Meteor.
Diese
wunderbare Einheit von Politik und Kultur, Säkularem und Religiösem
im Geist des Barock prägte die Wettiner. Sie wird in den "Plaudereien
über Kultur am Sächsischen Hof" des verehrten Vaters von Prinz
Albert, Friedrich Christian, Markgraf von Meißen, Mitgründer
und Ehrenpräsident der Studiengruppe, höchst eindrucksvoll portraitiert.
Hier
ein Ausschnitt dieser Betrachtung, erschienen im Werk der Königlichen
Hoheit, seines Sohnes Prinz Albert Die
Albertinischen Wettiner:
"Das Leben am
sächsischen Hof hatte seine wesentlichen Züge, seine Prägung
in erster Linie von folgenden Kulturen empfangen: von der des Barock
und dann von derjenigen der Klassik und schließlich der Romantik.
Der Einfluß des Barock war deshalb auf den Hof so tiefgreifend,
weil er nach dem Mittelalter noch einmal und letztlich Natur und Übernatur
zu einer großen Einheit zusammenfaßte - die den Mitgliedern
der kgl. Familie und ihren Hofstaaten ganz und gar entsprach - ja,
einem inneren Bedürfnis entgegenkam.
Dieser vertikalen
theozentrischen Weltschau entsprach ebenso die wiederum vertikale
des irdischen Bereichs der Monarchie, deren Macht als "von oben gegeben"
angesehen ward.
Aus dieser inneren
Haltung des Barock erflossen all jene das Leben regelnden Formen des
Geschmacks und der höfischen Sitte, der Kultur. Der Barock, diese
zweite einheitliche Kultur des Abendlandes, hatte sowohl dem weltlichen
als auch dem kirchlichen Bereich sein Wesen geschenkt - ja, geradezu
aufgeprägt.
Wenn wir uns
die eben erfolgte Schilderung der Kultur des sächsischen Hofes
noch einmal vergegenwärtigen, so werden wir nicht umhin können,
festzustellen, daß dieser Hof eine starke Hinneigung zu allem,
was mit Kultur zusammenhängt, gehabt hat, daß er Kulturgüter
geschaffen, aber auch empfangen hat.
Daß auch
andere Menschen diese Kultur, die man auch die Dresdens nennen kann,
als solche anerkannten und liebten, daß die den Untergang ihrer
äußeren Erscheinungen sehr beklagten, geht aus den tief
empfundenen Worten Gehart Hauptmanns über den Untergang Dresdens
eindeutig klar hervor. Aber auch aus Äußerungen bedeutender
Menschen, die sich in Bayreuth, Salzburg und vielen anderen Orten
getroffen und darüber gesprochen haben. So sagten die in Salzburg
tätigen Künstler meinem Sohn wörtlich: der größte
und besonders tragische Kulturverlust des letzten Krieges war der
Untergang Dresdens.
Trostreich bleibt
aber immer die Tatsache, daß die Seele dieser Kultur in den
Menschen weiterlebt, die von ihr geistig beschenkt wurden - ja, sie
lebt in irgendeiner Art und Weise in Kindern und Kindeskindern weiter,
indem sie irgendwie verfeinernd auf das Lebensprinzip dieser Menschen
eingewirkt hat und immer noch weiterwirkt.
Und diese Erkenntnis
begleitet uns in die Zukunft und vermittelt uns Mut und Trost und
Stärke - und schließlich auch Freude."
So
sind wir Heutigen, mitten in Kulturverfall und Apostasie, Häßlichkeit
und Vulgärem, hineingenommen in eine Zeit, in der Anstand und Sitte,
Schönheit und Würde das Maß und das Ziel, ja, Sehnsucht
und Erfüllung bedeuten.
Uns
dies zu bewahren, als Bild und Bewußtsein, in Glaube und Leben,
ist auch ihr Verdienst.
Sie
zeichnen Ihr Haus - und gaben uns mehr.
Lob
sei Gott und Ihnen Dank
-
Alle Rechte vorbehalten! -
(Diese
Ansprache ist in der Jubiläumsfestschrift
zum 50jährigen Bestehen der Studiengruppe für Sächsische
Geschichte und Kultur e. V.
veröffentlicht)
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